Hier was für Knobel-Freunde:
Selbst als gestandener Praktiker stößt man immer wieder mal auf scheinbar simple Aufgabenstellungen, die sich als verblüffend hartnäckig erweisen und einem Fachmann am Ehrgefühl kratzen.
Ein Kunde stellte mir vor Jahren mal ganz unschuldig eine (Zitat:) "dumme Frage" …
Er hatte eine Lichterkette gebaut. Also zwei parallel geführte Leitungen und in gleichmäßigen Abständen alle paar Zentimeter ein Abgriff für eine Lampe.
Seine Kette hatte 35m Länge, wurde an 12V betrieben und es waren 240 Lampen von je 1W bestückt, in exakt gleichmäßigen Abständen.
Da fällt natürlich eine nicht zu vernachlässigende Spannung über der Leitung ab, mit dem unschönen Effekt, dass die Lampen zum Ende der Lichterkette hin immer dunkler leuchteten, was ihn störte.
Was er in seiner "dummen Frage" zuerst von mir wissen wollte, war der nötige Drahtdurchmesser, um am Ende einen vertretbar geringen Spannungsabfall zu haben.
Und dann wollte er noch (und genau darum geht es bei dieser Knobelei) die allgemeine Formel von mir, um künftig auch Lichterketten anderer Länge und Gliederanzahl im Vorfeld durchrechnen zu können.
Lächerlich einfach, nicht wahr???
Diese Formel kann man doch im Nullkommanix herleiten, gelle?
- Das habe ich auch gesagt!
Glücklicherweise hatten wir dann beide anderes zu tun und so wichtig war es ihm auch nicht. Hätte ich ihm die gesuchte Formel vor seinen Augen herleiten müssen, hätte ich mich nämlich schwer blamiert!
Vereinfachen wir für die schöne Knobelaufgabe das Problem doch sogar noch ganz drastisch!
Wir gehen einfach davon aus, dass die Lampen sich wie ideale, lineare Widerstände verhalten. Also nicht wie reale LEDs (komplizierte Kennlinie), nicht wie reale Glühlampen (temperaturabhängiger Widerstand), sondern völlig banal, als ideale Widerstände.
Weiterhin gehen wir davon aus, dass die Spannung der Einspeisung bombenstabil ist (stabilisierte Spannungsquelle).
Und wir gehen auch davon aus, dass die Leitungswiderstände bereits bekannt sind. Denn diese auszurechnen, über den spezifischen Widerstand von Kupfer, Länge und Drahtdurchmesser, schütteln wir Profis uns schließlich sowieso im Schlaf aus dem Ärmel; damit halten wir uns jetzt gar nicht auf.
Gut, die Voraussetzungen wären geklärt.
Folgendes Bild zeigt in der obigen Schaltung das Prinzip einer wie eben beschrieben vereinfachten Lichterkette, mit drei Gliedern.
Wir haben also drei Lastwiderstände (Lampen); hier jeweils als Ra bezeichnet.
Die Widerstände der Leitung sind als Rb bezeichnet. Den Rb gibt es pro Glied natürlich jeweils zweimal: einmal oben (Hinleitung), einmal unten (Rückleitung).
Alle gleichnamigen Widerstände sind identisch.
Also alle Zuleitungswiderstände "Rb" haben identischen Wert.
Ebenfalls haben alle Lastwiderstände "Ra" identischen Wert (der aber verschieden ist, von den Rb).
Betrachtet man die obere Schaltung im Bild, so lassen sich offensichtlich jeweils zwei dieser Rb zusammenfassen. Sie liegen schließlich in Reihe, wie man sofort merkt, wenn man das Ding mal durchrechnen wollte.
Das habe ich in der unteren Schaltung dargestellt. Dort habe ich jeweils zwei Rb aus obiger Schaltung zu einem Rc (mit logischerweise doppeltem Wert) zusammengefasst.
Nun endlich zu der Knobelei:
Die Schaltung im Bild stilisiert ja beispielhaft eine Lichterkette mit nur drei Gliedern. Ich will aber die folgenden zwei, universell anwendbaren Formeln, für eine beliebige Anzahl identischer Glieder:
1) Die Formel für den Gesamtwiderstand "RG".
(Damit lässt sich später bequem der Gesamtstrom berechnen.)
2) Die Formel für die Ausgangsspannung am letzten Leuchtmittel, also dem ganz rechten Ra.
(Diese Spannung ist offensichtlich abhängig von der Eingangsspannung, der Anzahl der Glieder und den Werten der Widerstände Ra und Rc.)
Also:
RG (Gesamtwiderstand) = [Mathematischer Term Nr. 1]
UA (Ausgangsspannung) = [Mathematischer Term Nr. 2]
Diese beiden Formeln sind also gesucht. Wohlgemerkt für eine beliebige Anzahl Glieder! Und natürlich mit Herleitung/Beweis!
Offensichtlich muss das mathematisch elegant gehen, schließlich gibt es keinerlei Unstetigkeiten.
So, und jetzt zeigt mal, was Ihr könnt!
(Ich verrate besser gar nicht, wie viele Stunden ich bereits daran gebrütet habe …)
Ach, vorsichtshalber noch was:
Wie in der Aufgabenstellung eindeutig beschrieben, sind die beiden
FORMELN gesucht.
Eine Lösung mit einem Excel-Blatt zählt also nicht!
Auch ein iteratives/rekursives Brute-Force-Programm etc. zählt nicht!
Stellt Euch einfach vor, die Lösung solle als Formel in einem Tabellenbuch abdruckbar sein.
(Ach ja, und Googelei zählt ebenfalls nicht! Es ist eine Knobel-Aufgabe, die bitteschön auf ehrenwerte Weise fachmännisch gelöst werden will!)
Natürlich könnte man problemlos ein Programm schreiben, das jede beliebige Lichterkette komplett durchrechnet. Aber darum geht es nicht.
Mich hat damals einfach die Problemstellung an sich fasziniert, denn es hat an meiner Ehre gekratzt, dass ich mir diese Formeln eben nicht aus dem Ärmel schütteln konnte.
Ich betrachte es rein als mathematische Knobelaufgabe, mit realem, elektrotechnischen Bezug, die ich gerne mit Euch teilen möchte.
Das Problem sieht so banal aus und so alltäglich. Es wundert mich komplett, damit zuvor noch nie konfrontiert worden zu sein und dass ich über so ein scheinbar simples Problem überhaupt brüten musste!
Aber probiert es doch mal ...