Sehr geehrte Damen und Herren
Och nöö, doch nicht so förmlich!
In Internet-Foren - speziell natürlich in diesem ganz besonders netten hier - ist die "Du-Form" gemeinhin etabliert und einfach passender!
Immer wenn ich meinen Laptop aufklappe, biegt sich auf der rechten unteren Seite die Verdeckung nach vorne und es beginnt zu knacksen.
Ungefähr sieben von 10 Geräten, die ich auf den Tisch kriege, haben "nebenbei" auch solche Bruchschäden.
Meistens zwar nicht so stark ausgeprägt, aber gar nicht mal selten eben doch. Oder sogar noch krasser ausgeprägt, mit vollständigem Herausbruch.
Sie werden sich nun vielleicht fragen wie denn sowas sein kann, ich ließ das Notebook in meiner Unachtsamkeit auf einen Sitz fallen aus welchem es sogleich heraus sprang.
Bei manchen Modellen tritt der Effekt sogar schon vom bloßen Aufklappen des Deckels auf, nachdem das Gerät die Garantiezeit überstanden hat und inzwischen genügend Weichmacher aus dem Kunststoff entwichen ist.
Die billigen Modelle von Lenovo sind da besonders häufig betroffen, Schau mal hier (eines meiner ersten Postings, nach Start des Forums):
Reparatur Lenovo G575 mit Gehäusebruch
Gegenüber damals bin ich mit der Zeit aber auch schlauer geworden und habe inzwischen bessere Techniken auf Lager. Ich wollte darüber schon lange mal einen ausführlichen Tread schreiben und auch ein Video aufnehmen, aber es scheiterte an der Zeit.
Ein paar Worte habe ich aber hier darüber verloren:
Gehäusebruch stabil reparieren
sowie, längere Ergüsse (leider ohne Bilder), hier:
HP Envy Deckel lässt sich nicht schließen
Nun ein paar ergänzende Zeilen:
Abweichend von meinem Uralt-Posting betreffs Lenovo G575, empfehle ich (schweren Herzens!) diesen Klebstoff:
JB Weld
Warum schweren Herzens?
- Weil der aus dem Land der unbegrenzten Dachschäden kommt. Und weil ich der Meinung bin, dass man von dort möglichst nichts kaufen sollte.
Warum empfehle ich diesen Kleber dennoch?
- Weil ich im Laufe der Jahre etliche Klebstoffe getestet habe. Sogar regelrechte Testreihen habe ich gefahren, mit Fokus auf Gehäusereparatur von Notebooks. So richtig mit vergleichender Kraftmessung per Digitalwaage und so.
Eindeutiger Testsieger in jeder Hinsicht war der JB Weld. Und zwar der normale (oben verlinkte) JB Weld; ausdrücklich nicht die Variante "Kwik" von der selben Firma, oder eine der anderen Varianten dieser Firma (die allesamt "JB Weld" irgendwo mit auf der Verpackung stehen haben), sondern genau der oben verlinkte.
Der Kleber benötigt geschlagene 24 Stunden für die Aushärtung und in aller Regel braucht man zwei oder drei Schichten, bis alles gut ist. Fast immer liegt zwischendurch noch Nacharbeit per Dremel und Fräser an, um überschüssiges Material zu beseitigen, dort wo es mechanisch stört.
Im Gegensatz zu 08/15 Epoxidkleber, den man gegebenenfalls mit Heißluft-Unterstützung (ca. 120 Grad) wieder entfernt kriegt, hat man bei JB Weld keine andere Chance, als das Zeug, dort wo es stört, weg zu fräsen! Die Endfestigkeit ist enorm, die Temperaturbeständigkeit liegt deutlich über der Schmelztemperatur von Lötzinn und darüber hinaus ist der Kleber auch noch Chemikalien-beständig.
Die 24 Stunden Aushärtzeit mögen lästig sein, aber andererseits resultiert daraus auch eine angenehm hohe Verarbeitungszeit (mindestens 20 Minuten, eher sogar mehr, abhängig von der Raumtemperatur), die man bei der Reparatur von Gehäuseschäden auch gut gebrauchen kann.
Der Untergrund sollte zuvor noch gründlich gereinigt und möglichst aufgeraut werden, um maximale Haltekraft zu erzielen. Andernfalls würde der steinharte Kleber später im Stück vom Gehäusekunststoff abplatzen, wenn das Gehäuse Biegekräften ausgesetzt wird.
Es wird bei Dir wohl nicht notwendig sein, aber es sei dennoch erwähnt: Hier und da verarbeite ich gerne auch noch Stützelemente aus Carbonfaser-Profil, oder ich arbeite Aramidgewebe (Kevlar) mit ein, manchmal in Kombination mit Schmelztechnik; siehe dieses Video:
#002 Notebook-Gehäusebruch stabil reparieren
Zum Anrühren sei noch erwähnt, dass es vorteilhaft ist, etwas mehr Binder zu nehmen, als Härter!
Überwiegt der Härter auch nur eine kleine Spur, dann leidet die Endfestigkeit deutlich!
Wohingegen der Binder sogar sehr deutlich überwiegen kann, ohne dass es spürbare Auswirkungen hätte.
Beim Einkleben der Gewindemuttern (Micro-Burbs, Inserts ... und wie sie sonst noch heißen) ist tunlichst darauf zu achten, dass kein Klebstoff in den Gewindegang gelangt!
Das gewährleistet man, indem man zuvor die Schraube einfettet und bis unten hin eindreht. Nur für die Zeit der Aushärtung, versteht sich, anschließend wird die Schraube wieder heraus gedreht.
Aber achte darauf, dass die Muttern außen kein Fett abkriegen! Nicht die kleinste Spur! Auch nicht von fettigen Fingern!
Folge mal allen Links, dann hast Du weitgehend alles gesehen/gelesen, was ich diesbezüglich an bewährten Techniken auf Lager habe.
Generell ist jeder Bruchschaden anders und individuell zu verarzten. Meine heutigen Techniken zielen darauf ab, alles so zu reparieren, dass man erstens von außen nichts sieht (im Gegensatz zu Kollegen, die das Gehäuse durchbohren und mit durchgehender Schraube plus Mutter arbeiten) und dass man zweitens alles jederzeit wieder zerlegen und einzelne Teile austauschen kann.
Ich kleistere also nicht einfach alles mit Kleber voll, sondern das Gehäuse lässt sich nach meinem Eingriff genauso öffnen und die Scharniere lassen sich genauso abschrauben, wie vor meinem Eingriff.
- Das war in meinem alten Posting zum Lenovo G575 noch anders, denn zu der Zeit hatte ich Scharniere stets noch mit dem Gehauseteil verklebt, zusätzlich zur Verschraubung. Damals war das aber auch erforderlich, weil ich damals den JB Weld noch nicht kannte und mein "altes" Epoxid nicht ausreichend hart wurde, um die Muttern zuverlässig stabil zu fixieren.
Übrigens wäre ich nicht abgeneigt, wenn Du mir für dieses doch recht lang gewordene Posting 1-2 Tubenpaare JB Weld spendieren würdest, wenn Du denn eh schon welches bestellst. Mein Vorrat ist nämlich gerade hart am Ende.