Im Thread
Schnellkurs Notebook-Reparatur - Stromversorgungsprobleme erwähnte ich beiläufig mein
Netzteil-Testgerät.
Dazu erreichte mich per E-Mail eine Frage, die ich hier anonymisiert beantworte:
Habe in deinem Forum mal dein Netzteil-Testgerät gesehen.
Würde gerne mir auch zusammenbasteln.
Wenn es ok ist, kannst du mir mal die Anleitung dazu geben, bzw zuschicken.
Hallo S****,
das Gerät war ein "so aus der Hüfte" konstruiertes Unikat für den Eigenbedarf, für das ich nie einen Schaltplan erstellt habe.
Zudem gab es im Laufe der Zeit ein paar Modifikationen. Würde ich noch mal so ein Gerät bauen, dann würde ich wiederum anders vorgehen, aber ich persönlich kann mit dem jetzigen Ist-Stand gut leben.
Ich gebe Dir nun allerhand Tipps für einen Eigenbau in verschiedenen Ausbaustufen; je nachdem, wie weit Deine Kenntnisse gehen und wieviel Aufwand Du zu treiben bereit bist.
Ausbaustufe "Minimum":
Das Grundprinzip ist zunächst mal, dass eine Reihe parallelgeschalteter Eingangsbuchsen vorhanden ist.
Egal, was für einen 19V-Stecker das jeweilige Notebook-Netzteil hat - es steht im Testgerät eine passende Buchse zur Verfügung.
Von den Buchsen ließt der Strom über ein analoges Amperemeter in das nach außen geführte 19V-Kabel, das man von einem alten Universalnetzteil abzwacken kann. Dort lassen sich also alle möglichen Steckereinsätze kontaktieren. Je nach Notebook wählt man den zur dort verbauten Buchse passenden Einsatz aus.
Parallel zu dem 19V Ausgangskabel sitzt im Testgerät ein analoges Voltmeter, das also die Spannung überwacht, die dem Notebook zugeführt wird.
Bis hierhin haben wir noch keine Elektronik im Spiel, aber bereits in dieser minimalen Ausbaustufe bestünde ein gewisser (aber begrenzter) Nutzen.
Mein Gerät kann natürlich mehr.
Ausbaustufe "Medium":
Vor dem Testen eines Nobook-Mainboards überprüfe ich zuerst immer das 19V-Netzteil, ganz solo.
Dabei ist es von Interesse, wie viel Strom es liefern kann und ob vom Netzteil verschluldete Stromschwankungen auftreten.
Es musste also eine elektronische Last her, die anstelle des Mainboards Strom aus dem Netzteil nuckelt, um zu sehen, ob das Netzteil das "packt".
Diese elektronische Last realisierte ich mit vier parallel geschalteten Power-MOSFETs, die innen auf die Rückwand geschraubt sind, wohingegen auf der Außenseite ein dicker Kühlkörper sitzt, der zugleich als Aufstellwinkel dient, damit das Gerät leicht schräg und nach hinten geneigt steht.
Die vier MOSFETs sind elektrisch parallel zu dem Voltmeter am Ausgang geschaltet. Sie werden von einem Poti und etwas Analogelektronik so angesteuert, dass ich intern einen Strom von bis zu 5 Ampere fließen lassen kann.
Die Praxis hat gezeigt, dass meine Elektronik nicht gut berücksichtigt, dass die MOSFETs sich dabei deutlich erhitzen (trotz Kühlkörper), wodurch der per Poti jeweils eingestellte Stromfluss von selbst driftet, so als würde man das Poti langsam drehen
Der Effekt ist stärker, als ich erwartet hatte, sonst hätte ich eine Gegenmaßnahme ergriffen. Aber es ist (für den Eigenbedarf) auch nicht schlimm - man kennt sein eigenes Gerät ja und testet Netzteile typischerweise ohnehin nur für ein paar Sekunden. Es ist jedoch eine Unelegantheit, die ein Seriengerät nicht aufweisen sollte.
Es wäre aber Blödsinn, als Abhilfe gegen die Drift noch eine Stromstabilisierungsschaltung mit einzubauen, weil es ja gerade der Sinn & Zweck des Testgerätes ist, im Modus "Netzteiltest" eventuelle Strom/Spannungs-Schwankungen des Netzteils aufzuspüren! Dem würde eine Regelschaltung natürlich völlig in die Suppe spucken.
In eine eventuelle Gegenmaßnahme gegen die Stromdrift müsste man also schon etwas mehr Grips investieren.
Bedenke bei Deiner Konstruktion also, dass die MOSFETs ordentlich heiß werden und (je nach Potistellung) die Gesamtleistung des Netzteils in Wärme umsetzen!
Wenn man länger als ein paar Sekunden messen wollte, dann müsste ein noch fetterer Kühlkörper und ein Lüfter her. Vorzugsweise auch eine Heatpipe.
Wobei der Lüfter ja auch wieder mit Strom versorgt werden will, was ergo die Messung (wenn auch nur wenig) verfälscht ...
Übrigens reicht das 5A Amperemeter zwar für die meisten Netzteile gut aus, aber es gibt auch Gamer-Notebooks, die sogar über 10A ziehen!
Zum Testen von Netzteilen drehe ich einmal den Strom langsam bis auf Maximum hoch und beobachte dabei die beiden Zeigerinstrumente. Anschließend drehe ich auf 1 Ampere herunter (um die Wärmeentwicklung in den MOSFETs zu verringern) und wackle am Übergang des 19V-Steckers zum Kabel, weil dort manchmal ein Kabelbruch besteht, den ich anhand der Zeigerinstrumente sofort bemerken würde. Da wären bei Kabelbruch dann Stromsprünge von Null bis 1 Ampere beobachtbar.
Wenn das Notebook-Netzteil für OK befunden wurde, dann drehe ich das Poti wieder ganz herunter, so dass intern kein Strom mehr abfließt und schließe ich das Notebook an.
Nun sehe ich also den Strombedarf des Notebooks auf dem Amperemeter.
Bei Bedarf kann ich noch ein Oszilloskop parallel zum Notebook, oder parallel zum Amperemeter ans Testgerät anschließen.
Bis hierhin ist der Aufwand mittelmäßig hoch und der Nutzen bereits gut. Aber ein Feature muss unbedingt noch her:
Ausbaustufe "Maximum":
Es kommt nicht selten vor, dass ein Notebook einen zu hohen Strom zieht, durch internen Kurzschluss. Meistens schaltet das Netzteil dann automatisch ab.
Zum Testen von Mainboards, um auf thermischem Wege die Stelle zu finden, die den Kurzschluss verursacht, wäre es aber wünschenswert, einen definierten, regelbaren Strom einspeisen zu können. So bemessen, dass das Netzteil nicht abschaltet.
Darum sollte noch die Schaltung eines Stromreglers mit in den Tester integriert werden.
Folgender Art: Der vom Netzteil über die Buchse zugeführte Strom, fließt über die Stromregelschaltung und über das Amperemeter zum Ausgangskabel und dann ins Notebook.
Die Stromregelung muss aber per Schalter/Relais überbrückbar sein, damit uns diese Schaltung nicht in die Suppe spuckt, wenn wir den Strombedarf des Notebooks ermitteln wollen.
Ich hatte so einen Stromregler bei mir zwar vorgesehen, er ist aber aus Zeitgründen nie fertig geworden, weswegen ich mir bis heute behelfe, indem ich statt dem Notebook-Netzteil einfach mein regelbares Labornetzgerät als Stromquelle anschließe, wenn ich so ein Kurzschluss-Mainboard untersuchen will.
Was noch sein sollte, ist ein Verpolschutz am Eingang. Denn manche Kunden schleppen mir Universalnetzgeräte an, bei denen eine Verpolung des 19V-Steckers möglich ist.
Man kann natürlich auch die Spannungspolarität zuvor mit dem Multimeter überprüfen, aber eine integrierte Schutzfunktion ist natürlich eleganter.
Ausbaustufe "Maximum absolute totale":
Künftig würde ich kein externes Oszi mehr verwenden, sondern ein billiges Einbaugerät direkt in den Tester integrieren.
Suche mal bei eBay nach "DSO138". So ein Ding kostet unter 20,- EUR und reicht völlig!
Bei einer zweiten Version meines Testers würde ich auch kein Voltmeter und Amperemeter mehr einbauen, sondern zwei Stück dieser billigen DSO138.
Weiterhin würde ich den Stromfluss präzise loggen, zwecks komfortabler Auswertung am PC. Denn jedes Mainboard hat beim Einschalten einen charakteristischen "Strom-Fußabdruck". Also Stromsprünge nach einem bestimmten Schema. Manche Fehler lassen sich dann anhand ihrer Stromabweichung zu einem definierten Zeitpunkt der Einschaltsequenz auffinden. Das wäre zuverlässiger, als diese dämlichen POST-Code-Testkarten.
Diese Stromschwankungen sind minimal und viel zu gering, um sie auf dem analogen Amperemeter beobachten zu können. Eine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitpunkt der Einschaltsequenz ist damit ohnehin unmöglich. Ein perfektes Testgerät loggt daher den Strom in hoher Auflösung, mit Zeitstempel.
Ich vergesse es übrigens immer wieder mal, das Poti der Stromsenke (die weiter oben erwähnten, vier MOSFETs, parallel zum Ausgang) im Testgerät wieder zurück auf Null zu drehen.
Kommt nun noch (in Reihe zum Ausgang) die eben erwähnte hinzuschaltbare Stromregelschaltung dazu, so erhöht sich wiederum das Risiko einer Fehlbedienung.
Eine Fehlbedienung ist zwar nicht tragisch, aber sie nervt und kostet manchmal Zeit.
Aus diesem Grund würde ich bei einem Neubau keine analogen Potis mehr einsetzen, sondern Drehencoder und einen Mikrocontroller, der Fehlbedienung verunmöglicht.
Dann ist der Aufwand aber doch schon ziemlich in die Höhe getrieben!
Schlussworte:
Ich habe mein Gerät damals nicht mehr bis zur vollendeten Perfektion weiter entwickelt und auch nicht jeden Schnickschnack tatsächlich eingebaut, der mir zusätzlich noch in den Sinn kam, weswegen ein paar LEDs vorhanden sind, die gar keine Funktion ausüben
Aber ich kenne mein Gerät und komme in Verbindung mit meinem übrigen Equipment (Oszi, Labornetzgerät) bestens damit klar. Es eignet sich in der von mir realisierten Form prima für meinen Eigenbedarf, jedoch nicht für eine Serienproduktion.
Ein Seriengerät sollte alles stand-allone können und das richtig, also ohne kleinen Macken, wie Stromdrift.
Ich hoffe, hiermit genug Anregungen für einen Eigenbau gegeben zu haben. Du kannst nun selbst überlegen, wie viel Aufwand Du zu investieren bereit bist.