Ich habe es mal an einem Rechner mit zerlegtem Displaydeckel ganz kurz ausprobiert.
Weil das Messen an dem hochgradig filigranen Flachstecker so betont kurzschlussgefährlich ist, und weil ich keinen größeren Aufwand treiben wollte, habe ich einfach gegen Masse gemessen, was bei differenziellen Signalen natürlich eigentlich Käse ist.
Mit dem analogen Hameg (60MHz Bandbreite) konnte ich die Signalleitungen klar identifizieren. Da waren Muster zu erkennen, in der Einstellung 2μs pro Teilung - und sogar in noch langsameren Zeitbasen, also noch lange lange vor Ende der Fahnenstange dessen, was das Hameg kann (kleinste Zeitbasis ist da 0,05μs).
Die eigentlichen Signalfrequenzen wären natürlich weit höher, aber wenn man nicht den Anspruch erhebt, exakt zu "messen", sondern wenn man sich damit begnügt, sozusagen bloß den Ausschlag einer "Wünschelrute" zu interpretieren, dann taugt schon ein sehr gemächliches (Analog-) Oszi.
Mit dem digitalen DSO-203 hingegen, bekam ich weder in der Einstellung 2μs, noch bei einer der anderen Zeitbasen ein Signal, das man als solches interpretieren könnte.
Vielleicht hätte es ja was verändert, wenn ich mit dem vollisolierten DSO-203 wirklich differenziell gemessen hätte, statt gegen Masse. Aber ich bin es von dem Ding sowieso gewohnt, dass man da endlos an den Einstelltastern herumspielen muss, bis es sich mal bequemt, ein halbwegs verwertbares Bild anzuzeigen. Und so viel wollte ich da jetzt gar nicht forschen.
Wenn man also ein digitales Oszi nimmt, dann wird man ein wirklich schnelles brauchen, um LVDS-Signale zu überprüfen. Mit einer Gurke wie dem 203 wird man da nicht froh. Analog ist da zu bevorzugen.
Es klingt paradox, aber ich will es gar nicht ausschließen, dass die noch billigeren Digitaloszis womöglich besser geeignet sind, als das von den Daten her theoretisch bessere DSO-203. Jedenfalls unter der schon erwähnten Voraussetzung, dass man sein Getue nicht als "messen" betrachtet, sondern als "interpretieren".
Und wenn man es so angeht, dann ist ein analoges Oszi meistens die bessere "Wünschelrute". Außer vielleicht, man nimmt ein so richtig flottes Digitalgerät, das einen Oldtimer wie mein Hameg HM605 locker in die Tasche steckt.
Das wollte ich Dir nur mitgeben, bevor du ein Oszi besorgst.
Wenn Geld keine Rolex spielt und Du sowieso ein gutes Gerät anschaffen wolltest, dann mögen meine (vermutlich verwirrenden) Worte womöglich uninteressant sein.
Aber falls Du gerne möglichst billig davon kommen möchtest, nimm besser kein Digitaloszi der Preisklasse unter 250,- EUR, sondern lieber ein gebrauchtes Analog-Oszi. Das taugt für Notebook-Reparaturen immer irgendwie (notfalls im "Wünschelruten-Modus") und ist auch flotter zu bedienen.
Das mit der "Wünschelrute" mag überzogen klingen und amüsieren, aber da ist durchaus etwas dran!
Generell erfordert
jede Messung der Interpretation. Besonders Digitalanzeigen lügen oft weit fataler, als man glauben möchte!
Man kann z. B. mit 'nem simplen Multimeter auch unter Putz verlegte Leitungen aufspüren: Wechselspannungsbereich auf höchste Empfindlichkeit, eine der Messspitzen mit der feuchten Hand umfassen und mit der anderen - flach gehalten - an der Wand entlang fahren.
Man erkennt es deutlich, wo die Leitung liegt. Nur: "Messen" kann man das, was da auf dem Display angezeigt wird, nicht nennen. Ich nenne es (scherzhaft) "Wünschelruten-Gehen". Aber es funktioniert bestens.
Die Absolutwerte, die das Diplay dabei mit seiner vermeintlich "digitalen Päzision" anzeigt, sind da natürlich völlig belanglos. Aber dort, wo die Leitung im Mauerwerk liegt, bekommt man den größten Wert; nur darauf kommt es an.
Die metallene Messspitze berührt dabei gar nicht die Wand. Sie fängt sich rein kapazitiv etwas ein, auch durch die Isolierung des Kabels und durch das Mauerwerk hindurch.
Ähnlich ist es manchmal mit dem Oszi, wenn man in Bereichen misst, für die es theoretisch gar nicht taugt.
Für manche Messungen (oder nennen wir es lieber "Funktionsüberprüfungen") mache ich mir gar nicht die Mühe, überhaupt die Messspitze anzusetzen. Es reicht oft völlig aus, einfach die Empfindlichkeit hoch zu drehen und die Messspitze auf das Gehäuse(!) eines ICs zu halten, oder auf das eines hinreichend schnell geschalteten MOSFETs.
Eventuell die Fläche der Messspitze mit etwas Alufolie, oder einer Metallscheibe vergrößern, damit sie kapazitiv mehr einfängt.
Ich habe auf diese Weise sogar schon die Funktion von GALs (altmodische, programmierbare Logikbausteine) entschlüsseln können, ohne auch nur an einem einzigen Pin zu messen.
Einfach etwas Alufolie aufs Gehäuse des ICs und die Oszi-Spitze druff gehalten.
Der GAL war als 8-Bit Binärzähler programmiert und man konnte am Oszillogramm deutlich eine Art Treppenspannung erkennen.
Wohlgemerkt: Berührungslos "gemessen" und das mit nur einem einzigen Oszi-Kanal!
Wäre der Baustein defekt gewesen, so hätte ich auf jeden Fall ein anderes Muster erhalten, bzw. gar keines.
Im obigen Beispiel war die konkrete Spannungshöhe, die das Oszi anzeigt, irrelevant. Dafür stimmte die zeitliche Darstellung recht gut (von verwaschenen Flanken abgesehen) und das Muster war plausibel.
Bei den LVDS-Signalen hingegen, um die es zu Anfang ging, wird man mit einem lahmen Oszi kein zeitlich korrektes Signal erfassen können, wohl aber die Spannungshöhe. Und wiederum gibt es "Muster", die dieses Mal mit der Abtastfrequenz interferieren, anhand derer man ein einzelnes Signal, das völlig aus der Reihe tanzt, überführen kann. Zumindest bei meinem Analoggerät war es so.
So ein bisschen Voodoo ist irgendwie immer dabei
Es gibt auch noch ganz andere Tricks: Man schließe an ein Signal einfach nur ein Drahtstück als Antenne an und verwende ein Radio!
Unglaublich, was man damit alles herausorakeln kann! Besonders in Verbindung mit einem FFT-Programm.