So, es ist jetzt wirklich fertig.
Ich lasse heute sicherheitshalber noch den ganzen Tag Dauertersts und zwischendurch immer wieder Einschalttests in allen Variationen laufen, aber ich rechne jetzt mit keiner Überraschung mehr. Morgen geht das Ding dann auf Rückreise.
Ja, der Fehler war hartnäckig. Denn im Grunde war nichts kaputt. Und schlimmer noch: Der Fehler verschwand wärend der Fehlersuche immer wieder mal.
Irgendwann fiel mir auf, dass der Fehler zuverlässig immer dann verschwindet, wenn ich ein Oszi, oder Multimeter, am Gate des Eingangs-MOSFETs ansetze.
Bauteile ausgelötet, durchgemessen, für OK befunden ... Bauteile dennoch ausgetauscht, alles ohne Änderung.
Es gibt manchmal solche Fehler, wo das bloße Ansetzen eines Messinstruments die Macke weg zaubert. Das liegt dann bei schnell getakteten Signalleitungen typischerweise an einem nicht korrekten Leitungsabschluss. Das trifft hier natürlich nicht zu, weil die Gates ja statisch angesteuert werden (so denkt man ...).
Interessant ist aber der Moment, wo die MOSFETs nach Spannungszufuhr vom Netzteil erstmals angesteuert werden. Denn der Ladecontroller BQ24725 ist offenbar ein kleines Sensibelchen, was das Design der Eingangsstufe betrifft.
Den Hinweis darauf findet man in dessen Datenblatt auf Seite 17.
Zitat 1:
The gate drive voltage on ACFET and RBFET is V CMSRC + 6V.
If the ACFET/RBFET have been turned on for 20ms, and the voltage across
gate and source is still less than 5.9V, ACFET and RBFET will be turned off.
After 1.3s delay, it resumes turning on ACFET and RBFET.
If such a failure is detected seven times within 90 seconds, ACFET/RBFET
will be latched off and an adapter removal and system shut down is required to
force ACDET < 0.6V to reset the IC.
After IC reset from latch off, ACFET/RBFET can be turned on again.
After 90 seconds, the failure counter will be reset to zero to prevent latch off.
With ACFET/RBFET off, charge isdisabled.
To turn off ACFET/RBFET, one of the following conditions must be valid:
• In LEARN mode and V SRN is above battery depletion threshold;
• ACOK low
Zitat 2:
To limit the adapter inrush current when ACFET is turned on to power system from adapter,
the Cgs and Cgd external capacitor of ACFET must be carefully selected.
The larger the Cgs and Cgd capacitance, the slower turn on of ACFET will be and less
inrush current of adapter.
However, if Cgs or Cgd is too large, the ACDRV-CMSRC voltage may still go low after the
20ms turn on time window is expired.
To make sure ACFET will not be turned on when adapter is hot plugged in, the Cgs value
should be 20 times or higher than Cgd. The most cost effective way to reduce adapter
in-rush current is to minimize system total capacitance.
Statische Ansteuerung stimmt also nicht ganz. Die tritt erst nach "Einrasten" der Schaltung auf, vorher pulst der Controller die Ladungspumpe nur.
Und CGS soll also, laut Datenblatt, 20 Mal größer sein, als CGD.
Interessanterweise hält man sich im Datenblatt beim Schaltungsvorschlag aber selbst nicht an diese Regel. So finden sich auf Seite 28, in der "Typical Application" folgende Werte für CGS und CDS: 0,1uF zu 2200pF.
Also 100nF zu 2,2nF. Das ist ein Verhältnis von rund 45, statt von 20.
Diese Werte hat der Mainboard-Hersteller auch unverändert übernommen. Doch wie ich heraus fand, ist es damit ein pures Glücksspiel, ob das Einschalten klappt, oder nicht.
Das Problem liegt darin, dass die Ladungspumpe zur Gate-Ansteuerung nicht etwa kontinuierlich eine Spannungsdifferenz von knapp 6V erzeugt, zwischen den Pins ACDRV und CMSRC (also zwischen Gate und Source des Eingangs-MOSFETs), sondern der IC "probiert" mal kurz sein Glück, schaltet aber sofort wieder ab, wenn der MOSFET ihm nicht schnell genug durchsteuert. Dann probiert es der Chip noch weitere Male, fühlt sich aber nie vom Ergebnis zufrieden gestellt, womit man in eine Endlosschleife gerät, bis der Chip schließlich aufgibt (nach 90 Sekunden).
Und in der Tat steuert der MOSFET nicht rasch genug voll durch.
Das Problem würde nicht existieren, wenn der Ladecontroller eine Spur geduldiger wäre, als nur 20ms lang, oder wenn der MOSFET halt schneller durchsteuern würde.
Hier bin ich nun selbst irritiert, denn ich würde erwarten, dass eine
Verringerung von GGS das Problem beseitigen würde. Es ist aber genau umgekehrt!
Ich habe letztendlich den Wert verdoppelt, von 0,1uF auf 0,2uF. Das war der Bringer!
Solange ich den Fehler noch suchte, verschwand er immer dann, wenn ich die Messleitung am Gate ansetzte. Der "Stördreck", den die Messleitung einfängt, genügte dem MOSFET offenbar, sich angesprochen zu fühlen. Und wenn der erst einmal weit genug aufgesteuert ist, dann "rastet" die Schaltung ein und alles läuft, denn dann gibt die Ladungspumpe dauerhaft Spannung her, statt bloß einem zaghaften, kurzen Puls.
Die von mir vorgenommene Verdoppelung des Kondensatorwertes bewirkt, dass die Spannung am Gate bei den zaghaften Pulsen des Ladecontroller einen höheren Wert erreicht, so dass es ausreicht, den MOSFET durchzusteuern. Sobald das geschieht, rastet alles ein und die Ladungspumpe arbeitet kontinuierlich, so dass sich an den Gates eine Spannung von 25V gegen Masse einstellt (Betriebsspannung plus ca. 6V).
Solange der Kondensatorwert nur 0,1uF betrug, erreichte die Gatespannung bei den zaghaften Pulsen vom Ladecontroller keinen ausreichenden Wert, um den MOSFET voll durchzusteuern. Sie kam dort nur auf ca. 5V, statt 6V, was sich vor dem Messinstrument arglistig verbarg, weil die Macke mit angesetzter Messleitung ja verschwand!
Dadurch jedenfalls, erreichte die Spannung am Source (gepulst) nur etwa 10-15V. Die zu geringe Gate-Source-Spannung veranlasste den Ladecontroller, die Ladungspumpe vorsichtshalber wieder abzuschalten, um es 1,3 Sekunden später erneut zu probieren - endlos. Bzw. 90 Sekunden lang, um genau zu sein, denn nach 90 Sekunden gibt der Controller weitere Versuche auf.
Es wundert mich selbst, dass der Wert von CGS vergrößert, statt verkleinert werden musste, denn den Grund dafür vermag ich dem Datenblatt des Ladecontrollers nicht zu entnehmen. Es ist aber erprobtermaßen wirklich so, ich habe inzwischen genügend viele Tests gemacht.
Mit gößerem CGS erreicht die Gatespannung einen höheren (und somit ausreichenden) Wert, als mit kleinerem CGS. Und mit zu kleiner Gatespannung schaltet der erste MOSFET nicht flott genug ausreichend weit durch.
Insgesamt eine verflixt filigrane Eingangsstufe; hart an der Grenze zwischen Funktionsfähigkeit und nicht-Funktionsfähigkeit.
Da mögen die Kapazitäten der Gates selber, sowie das Leiterplattenlayout an sich, einen entscheidenden Einfluss auf die Zuverlässigkeit haben.
Meine Wertvergrößerung von 0,1uF auf 0,2uF hat nichts weiter bewirkt, als die grenzwertige Gesamtzuverlässigkeit hinreichend anzuheben. Es war nichts kaputt.
Nun habe ich ja zu Anfang den Ladecontroller (eventuell irrtümlich) für defekt befunden und ausgetauscht. Auch die beiden MOSFETs habe ich (wohl unnötigerweise) ausgetauscht, gegen Ersatztypen (da war etwas Bastlei erforderlich, wegen anderem Package). All das mag die sensible Gesamtcharakteristik wiederum ein Stück verschoben haben. Aber das Vergrößern des CGS hat letztendlich alles ins Lot gerissen, nun läuft es zuverlässig und ohne Nebenwirkungen.
- Doch, eine leicht positive Nebenwirkung ist zu erwarten: Der "Inrush" dürfte jetzt geringer ausfallen, wenn man den 19V-Stecker des bereits eingeschalteten Netzteils "hot" in die Buchse einsteckt. Zumindest vermute ich das, denn ich gehe davon aus, dass nach wie vor nicht der erste Puls vom Ladecontroller die Gates hinreichend durchsteuert, sondern erst frühestens der nach 1,3 Sekunden erfolgende, zweite Puls, weil wohl erst dann die nötige Gatespannung erreicht wird. Somit schaltet der erste MOSFET nun sogar langsamer (und schonender), dafür aber zuverlässiger durch. Habe jetzt aber echt keine Lust mehr, das noch weiter zu untersuchen.
Wie erwähnt: Heute noch Dauertest, morgen Rückversand.