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Dienstag, 31. Juli 2018, 01:27

Wie produziert man einen Totalschaden?

Ha, das kann ich erklären! :217: Macht es so wie ich!

Hier am Beispiel eines mir zerlegt und unvollständig angelieferten HP-Notebooks. Genaues Modell nicht eindeutig bekannt, Mainboard jedenfalls DAX12AMB6D0.
Fehler: Bei Spannungszufuhr "tickende" Schaltwandler und nur minimaler Stromfluss.

Mainboard leider ohne Aufdruck. Das mit viel Recherche aufgetriebene BoardView war - trotz exakter Namensübereinstimmung mit dem MB - offensichtlich nicht passend. Ob der dem unpassenden Boardview im RAR-Archiv netterweise beiliegende Schaltplan passt, oder nicht passt, konnte mangels Bestückungsaufdruck auf dem Mainboard nicht eindeutig festgestellt werden.

Nun schreite man zur Tat!

Schritt 1:
Man komme nach stundenlangem Detektivspiel zu dem Schluss, dass der Schaltwandler fürs RAM einen Defekt hat, der stets nach seiner Aktivierung zuschlägt. Die beteiligten MOSFETs befinde man für unschuldig.

Schritt 2:
Man lasse sich von der Bezeichnung "Complete DDR Memory Power Supply Controller" im mühsam aufgespürten Datenblatt so hypnotisch verzücken, dass es völlig aus Sinn entfleucht, dass es sich bei diesem IC effektiv um einen ganz normalen Schaltwandler handelt.

Schritt 3: :565:
Man löte, nach nunmehr neun Stunden Fehlersuche und Bauteil-Recherche, den IC aus, um "mal zu gucken was passiert" ...


- Nun, was dann passiert ist Folgendes:
1) Mangels Anschluss an den IC floatet das Gate vom Upper-MOSFET des Schaltwandlers und leitet ungeregelt 19V auf die 1,35V-Rail fürs RAM.
2) Man erahnt einen Lichtblitz, oder ein mechanisches Zucken + Lichtreflexion am Silizium des (eingelöteten!) Prozessors.
3) Man stellt erregt fest, dass die 1,35V-Rail nicht nur zu den leeren Speichersockeln führt, sondern auch direkt zum Prozessor.
4) Nun rufe man sein Repertoire an - in solchen Fällen bewährten - fäkallastigen Dysphemismen ins Gedächtnis und rezitiere sie ausgiebig!

Insgesamt satte 10 Stunden Arbeit investiert und im Ergebnis ein ehemals leicht schadhaftes Mainboard in einen wundervoll dekorativen, modernen Wandschmuck verwandelt!
Macht sich bestimmt gut, wenn man es schick einrahmt!









:064:
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Dienstag, 31. Juli 2018, 02:43

Und die Moral von der Geschicht'

Damit mein obiger Beitrag nicht nur der Volksbelustigung zuträglich ist, sondern der Welt auch echten Nutzen bringt, schreibe man sich hinter die Ohren:

WENN man für Diagnosezwecke einen Schaltwandler-IC auslötet,
dann sorge man dafür, dass der Upper-MOSFET nicht floaten kann!


Meistens ist das testweise Auslöten solcher ICs ohnehin vermeidbar.
In meinem Fall war das Boarddesign leider in jeder Hinsicht besch...

- Keine auftrennbaren Lötbrücken hinter den Schaltwandlern.
- Fast nur exotische ICs, mit einigen Pads unter dem Gehäuse (SY8208B, SY8208C etc.)
- ICs nur mit kryptischen Kürzeln bedruckt, die selbst bei http://www.s-manuals.com/ru/smd nicht gelistet sind (MT4ZE)
- Keine zugänglichen Testpunkte, jedenfalls nicht genügend.
- Es gab auf beiden Seiten der Platine keinen Bestückungsaufdruck.
- Kein Schaltplan und BoardView auftreibbar. Vorgeblicher Suchtreffer teils definitiv falsch, teils zweifelhaft.
- Programmierter, nicht direkt tauschbarer Embedded Controller.
- Dreipolige, besonders kleine Stromversorgungsbuchse; Änderung des Fehlerbildes bei Versorgung des Mainboards per Labornetzteil.

Nun sind "tickende" Schaltwandler nicht ganz selten, aber hier war der Fehler recht verborgen, weil der "Voltage Controller" nach seiner Aktivierung seine 5V Versorgungsspannung einbrechen ließ. Zweimal verfolgte ich eine völlig falsche Fährte, erschwert durch die oben gelisteten Hindernisse.
Mit bedruckter Platine und Schaltplan hätte ich niemals so lange gebraucht; von Testpunkten, Lötbrücken und gängigeren Bauteilen ganz zu schweigen.

Ich glaube es war das zweite Mal, dass ich ein Mainboard durch Auslöten eines Schaltwandler-ICs und in Folge floatendem MOSFET gekillt habe.
Möge mein schlechtes Beispiel, bedingt durch den lustigen Test im Vorposting, sich bei Euch unlöschbar im Hirn einprägen!

Vermeidet floatende Upper-MOSFETs!!!
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